1945, Lokalbrief vom 5.8.1945 aus Chengdu 成都 mit Sondermarken „Kriegsflüchtlingshilfe“ und „Neue Gleichstellungsverträge“.
Durch die verlorenen Opium-Kriege und den von den Alliierten niedergeschlagenen Boxeraufstand hatte bei den Friedensverhandlungen das Kaiserreich China den ausländischen Mächten immer mehr Sonderrechte einräumen müssen. Diese Sonderrechte zwangen das grosse Reich dazu, sich dem Westen wirtschaftlich zu öffnen. So entstanden westliche Siedlungen mit eigener Verwaltung (American, British and French Concessions, Deutsches Pachtgebiet Kiautschou) und die chinesischen Vertragshäfen.
Faktisch gaben die Chinesen damit ihre Hoheitsrechte für diese Gebiete ab. Somit verfügten nun die Alliierten über exterritoriale Niederlassungen mit eigener Verwaltung, eigener Gerichtsbarkeit, eigener Polizeigewalt und eigener Zollhoheit. Durch diese Sonderrechte war es den ausländischen Mächten jetzt möglich China politisch einzuschränken und wirtschaftlich auszubeuten.
Zu den sog. „Ungleichen Verträgen zählen:
- Vertrag von Nanking (南京條約) (29. August 1842, China – Großbritannien)
- Vertrag von Humen (虎門條約) (8. Oktober 1843, China – Großbritannien)
- Vertrag von Wanghia (望廈條約) (3. Juli 1844, China – USA)
- Vertrag von Huangpu (黃埔條約) (24. Oktober 1844, China – Frankreich)
- Vertrag von Aigun (璦琿條約) (28. Mai 1858, China – Russland)
- Vertrag von Tianjin (天津條約) (Juni 1858, China – Frankreich, Großbritannien, USA, Russland)
- Pekinger Konvention (北京條約) (1860, China – Russland, Frankreich, Großbritannien)
- Burlingame Treaty (1868, China – USA)
- Chinesisch-Portugiesischer Vertrag von Peking (中葡北京條約) (1887)
- Lüda-Pachtvertrag (27. März 1898, China – Russland)
- Vertrag von Shimonoseki (馬關條約) (17. April 1895, China – Japan)
- Zweite Pekinger Konvention (1898, China – Großbritannien)
- Vertrag von Guangzhouwan (1898, China – Frankreich)
- Xinchou-Vertrag (辛丑條約) (7. September 1901, China – Achtstaatenallianz (Großbritannien, USA, Japan, Russland, Frankreich, Deutschland, Italien, Österreich-Ungarn) sowie Spanien, Niederlande, Belgien)
- 21 Forderungen (二十一條) (25. Mai 1915, China – Japan)
Nach der Chinesischen Revolution und dem damit verbundenen Zusammenbruch des Kaiserreichs 1911 strebte China politisch um Gleichstellung gegenüber den westlichen Mächten und versuchte die „Ungleichen Verträge“ wieder aufzulösen. Deutschland und Russland zogen sich noch während des Ersten Weltkriegs aus China zurück.
Mit dem Überfall Japans auf China 1937, dem Beginn des Zweiten Chinesisch-Japanischen Krieges, und der wachsenden Angst im Westen vor einem erstarkenden Japan, stieg China zu einem wichtigen Bündnispartner im Kampf gegen Japan auf.
Am 18. Juli 1940 erklärte der britische Premierminister Winston Churchill im Parlament die Absicht seiner Regierung, die extraterritorialen Rechte in China aufzugeben. Um die britischen und amerikanischen Beziehungen mit China nach Ausbruch des Pazifikkrieges im Dezember 1941 zu verbessern, griff man dieses Thema wieder auf. Bereits im März 1942 wurde unter den Beamten des Außenministeriums Einigkeit darüber erzielt, dass bestehende Vereinbarungen mit der chinesischen Regierung zugunsten Chinas geändert werden müssen. Hierzu schlug der US-Aussenminister Cordell Hull der bitischen Regierung Folgendes vor:
- Aufhebung des Boxer-Protokolls von 1901 und der internationalen Regelung in Shanghai
- Klärung rechtlicher Fragen infolge der Beendigung des Diplomatenviertels (Concessions) in Peking
- Es müssen neue gesetzliche Regelungen getroffen werden, um die Beibehaltung von ausländischem Grundbesitz in China im Rahmen der neuen Richtlinie zu ermöglichen
- Gewährung ähnlicher Rechte für chinesische Staatsangehörige in den USA wie für US-Staatsangehörige in China (bis dato war es Chinesen nicht erlaubt, die US-Staatsangehörigkeit zu erlangen)
- Gegenseitigkeit bei der konsularischen Vertretung für die USA und China
- Beilegung aller Streitigkeiten über die Rechte von Amerikanern in China nach internationalem Recht
- Verhandlungen über umfassende neue Handelsabkommen beginnen 6 Monate nach Kriegsende
Auf Druck der USA einigte sich die britische Regierung Anfang Oktober 1942 darauf, mit der chinesischen Regierung Verhandlungen über die Aufhebung der Exterritorialität aufzunehmen. Die Verhandlungen führten schließlich im Januar 1943 zur Aufhebung der extraterritorialen Rechte in China. Am 11. Januar 1943 unterzeichnete die chinesische Regierung mit den USA und Grossbritannien in Washington und Chungking die „Neuen Gleichstellungsverträge“. Neun Länder – Belgien, Norwegen, Kanada, Schweden, die Niederlande, Frankreich, die Schweiz, Dänemark und Portugal – folgten bald.
Um die Unterzeichnung der neuen Gleichstellungsverträge mit den USA und Grossbritannien zu feiern, erklärte die chinesische Regierung den 11. Januar zum „Gerechtigkeitstag“. Überall im Land war zu hören, wie Menschen das „Lied zur Feier der neuen Gleichstellungsverträge“ sangen. Die Regierung der Republik China gab zum Gedenken an die neuen Gleichstellungsverträge am 7. Juli 1945 ebenfalls sechs Briefmarken mit einer Auflage von 350.000 Sätzen heraus.
Diese Sondermarken sind auf Brief nicht häufig zu finden.