1945, Einschreibbrief aus Tientsin nach Røa (Ullern) bei Oslo (Norwegen) mit „Doppel-Währung“-Briefmarken

1945, Einschreibbrief vom 31.12.1945 aus Tientsin 天津市 (heute: Tianjin) an Borghild Skogstad in Røa (Ullern) bei Oslo (Norwegen) mit „Doppel-Währung“-Briefmarken.

Frankiert ist der Brief vorder- und rückseitig mit zweifach übedruckten 1 Cent-Briefmarken der Hongkonger „Märtyrer“-Ausgabe. Der erste Aufdruck in Schwarz erfolgte im damals von den Japanern besetzten Gebiet Zentralchinas, welches aus Teilen der Provinzen: Anhui, Zhejiang, Hunan, Hubei, Jiangxi und Süd-Jiangsu bestand. Es umfasste die wichtigen Städte Nanchang 南昌市, Nanjing 南京, Shanghai 上海 und Wuhan 武漢市.

Japanisch besetzte Gebiete (violett und lila) in China im Jahr 1940 (Quelle: Wikipedia)

 

Am 28. März 1938 setzten die Japaner für das Gebiet um Nanjing eine Marionettenregierung ein, welche sich den gleichen Namen, die gleiche Flagge und die gleichen offiziellen Insignien gab wie die echte Regierung der Republik China in Chungking. Trotz seines Anspruchs auf landesweite Autorität gab diese Marionettenregierung bis 1942 keine eigenen Briefmarken heraus. Da die Autorität dieses Regimes allein auf Zentralchina beschränkt war, wurden ihre Briefmarken nur in Zentralchina, nie aber in den nördlich besetzten Gebieten verwendet.

 

Hoheitszeichen und Flagge der Marionettenregierung in Nanjing (links) und der Nationalen Regierung in Chungking (rechts) (Quelle: Wikipedia)

 

Die in den besetzten Gebieten verwendeten Briefmarken waren die gleichen wie die im Freien China. Anhebungen der Portogebühren resultierten aus der Inflation. Die Portorate z. B. für einen Lokalbrief stieg im Laufe der Jahre von 2 Cent auf 100 Dollar. Die Post der Marionettenregierung in Nanjing hatte nur Briefmarken der „Dr. Sun Yat-sen“- und „Märtyrer“-Ausgaben mit kleinen Wertstufen auf Lager. Um den Briefmarkenbestand zu nutzen, begannen die Postbehörden 1942, diese  mit größeren Werten zu überdrucken, was der damals gängigen Praxis widersprach, nur höhere Wertstufen mit kleineren Werten zu überdrucken – und nicht umgekehrt. Die Behörden waren sich der Möglichkeit von Fälschungen durchaus bewusst und verwendeten daher zusätzliche Zeichen und Figuren, die nicht gewöhnlichen Typs waren, sondern Schriftarten handgeschriebener Sonderzeichen. Die überdruckten Briefmarken sollten nur für Post in den von der Marionettenregierung in Nanjing kontrollierten Gebieten Zentralchinas verwendet werden.

Überdruck der japanischen Marionettenregierung

 

Nach dem Rückzug der Japaner aus den besetzten Gebieten wurden die überdruckten Briefmarken erneut überdruckt, diesmal jedoch mit Wertangaben in der Chinesischen Nationalwährung der Republik China in grüner Farbe.

Zweiter Aufdruck

 

Dieser Aufdruck kommt nicht nur auf Briefmarken des ehemals japanisch besetzten Chinas vor, sondern auch auf bis dato unüberdruckten Ausgaben des Freien Chinas: Londoner Druck „Dr. Sun Yat-sen“, Hongkonger Druck „Dr. Sun Yat-sen“ und „Märtyrer“.

Die neu überdruckten Briefmarken kamen im September 1945 an die Postschalter. Sie sind auf Briefen von 1945 seltener zu finden als auf Briefen aus den darauffolgenden Jahren.

Das Porto des hier gezeigten Einschreibbriefes beträgt nur 8,00 Dollar statt 80,00 Dollar: 30,00 Dollar Landweg + 50,00 Dollar Einschreibgebühr. Vorder- und rückseitig ist das für die Indische / Britische Post typische blaue Kreuz für Einschreiben zu erkennen, jedoch keine Transitstempel.