1943, Lokalbrief aus Chungking mit 50-Cents-Provisorium (Ost-Sichuan)

1943, Lokalbrief aus Chungking (heute: Chongqing 重慶市) vom 9.11.1943 mit 50-Cents-Provisorium (Ost-Sichuan). Briefe, die innerhalb einer Stadt verschickt wurden, nennt man Lokalbriefe. Solange diese ohne Zusatzleistungen (z. B. Einschreiben oder Express) am Postschalter aufgegeben wurden, zeigen sie rückseitig keinen Ankunftsstempel.

Der Absender, C. Bertram Rappe, war damals Schatzmeister des Amerikanischen Roten Kreuzes, welches mit der Genehmigung der Chinesischen Nationalregierung begonnen hatte, Lieferungen von lebensnotwendigen Gütern an Krankenhäuser zu tätigen, die militärischen und zivilen Zwecken dienten.

Seit Beginn des Pazifikkrieges befand sich der Hauptsitz des Amerikanischen Roten Kreuzes in Chungking. Das Amerikanische Rote Kreuz fungierte ausschließlich als Vertriebsagentur in China und unterhielt kein medizinisches Personal oder eigene Einrichtungen. Ihre Tätigkeit beschränkte sich weitgehend auf die Bereitstellung von Sachleistungen und Hilfsgütern durch vom amerikanischen Kongress genehmigte Mittel.

Der Empfänger, Arnold B. Vaught, war Mitglied im Chungking Friends Council und später Geschäftsführer des New York Friends Council, einer Quäker-Organisation, die im Ausland Missions- und Hilfsarbeiten betrieb. Vaught selbst war auch Augenzeuge des japanischen Bombardements von Chungking von 1938-1943.

Bei Wikipedia findet man zu den japanischen Luftangriffen folgenden Eintrag (Quelle: hier):

„Am 3. und 4. Mai 1939 erfolgte ein konzentrierter japanischer Bombenangriff von Wuhan aus, das man in der vorhergehenden Schlacht eingenommenen hatte. Die für die Zivilbevölkerung überraschenden Angriffe lösten durch eine Mischung aus Spreng- und Brandbomben großflächige Brände in der Stadt aus. Die chinesischen Behörden zählten 3.700 Tote, 2.650 Verletzte und 4.900 zerstörte Gebäude. Von Mai bis November 1939 folgten zwanzig weitere Luftschläge verschiedenen Umfangs. Die japanische Führung intensivierte die Angriffe mit der Operation 101 vom Mai 1940 bis Ende September 1940. Hierbei wurden Kräfte sowohl der Heeres- als auch der Marineluftwaffe zusammengezogen, die pro Angriff rund 50–100 Tonnen Bomben abwarfen. Die Angriffe erfolgten am Tage und in der Nacht. Die chinesischen Behörden zählten in dieser Zeit 2.600 einzelne Angriffe und rund 10.000 abgeworfene Bomben sowie 4.100 Tote und 5.400 Verletzte.

Folgender Zeitungsartikel stammt vom 27. Mai 1939 aus der „The Straits Times“, Seite 7 (Quelle: hier):

AGGRESIVES BOMBARDEMENT AUF CHINESISCHE STÄDTE – EIN MISSIONAR ZOLLT DER COURAGE DES VOLKES TRIBUT

Chungking, den 25. Mai.

Herr Arnold B. Vaught vom Chungking Friends Council sprach gestern in einer an Europa und Amerika gerichteten Sendung über die jüngsten Bombenanschläge auf Chungking, von denen er selbst Augenzeuge war.
   Nachdem Herr Vaught den Horror des Bombardements offener Städte und Gemeinden anschaulich geschildert hatte, fügte er hinzu: ‚In diesen Tagen, als der Tod vom Himmel über uns herabregnet, habe ich kein einziges Mal mehr den Wunsch unter den Chinesen gehört, das dem japanische Volk ähnliches Leid widerfahren solle: Für das japanische Volk, welches auch unter dem Krieg zu leiden hat, gibt es nur noch Mitgefühl.‘
   Herr Vaught behauptete, die mutwilligen japanischen Bombenangriffe hätten ihr wahres Ziel nicht erreicht. Er stellte fest, dass es nicht das geringste Anzeichen für eine Abschwächung der Moral oder eine Tendenz zur Kapitulation gibt, obwohl die Chinesen zwei Jahre brutale mutwillige Angriffe überstanden haben. ‚Wenn China endlich aus dem Kampf hervorgeht, wird es nie wieder dasselbe China sein, das die Welt zuvor gekannt hat.‘, schloss Herr Vaught.“

Die japanischen Luftangriffe auf Chungking hatten am 18. Februar 1938 begonnen und endeten erst am 23. August 1943.

Sechs Wochen nach Ende der japanischen Fliegerangriffe, am 6. Oktober 1943, gab das Bezirkspostamt von Chungking das „50-Cents-Provisorium“ heraus, welches mit der landesweiten Portoerhöhung für Briefe notwendig geworden war. Der hier gezeigte Lokalbrief zeigt jenes Provisorium.

Quelle: British Movietone, hier.

 

Quelle: McClatchy Washington Bureau, hier.